zurück zum Glossar

Wissenschaftsregionen

Begriffserklärung

Wissenschaftsregionen sind ein zentraler Baustein eines zukunftsfähigen Wissenschaftssystems. Sie beruhen auf strategischen Kooperationen und Vernetzung zwischen verschiedenen Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft.

Dabei ermöglicht die Verbindung von regionaler Verankerung und globaler Kooperation Spitzenleistungen: Wenn Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Disziplinen und Institutionen und mit unterschiedlichen Kompetenzen vor Ort eng zusammenarbeiten und zugleich mit internationalen Partnern kooperieren, kann im Verbund herausragende Forschung entstehen. Die Zusammenarbeit kann aber auch auf andere Schwerpunkte ausgerichtet sein, etwa auf hochwertige und innovative Lehrangebote oder auf Technologietransfer. Insbesondere die Fachhochschulen mit ihrer traditionell starken regionalen Ausrichtung und Anwendungsorientierung spielen hier eine tragende Rolle.

Durch die Bündelung von Ressourcen und Kompetenzen verschiedener Kooperationspartner profitieren nicht nur die beteiligten Institutionen durch Synergieeffekte. Es können auch Regionen in ihrer Entwicklung vorangebracht und zugleich international konkurrenzfähiger und sichtbarer gemacht werden. Darüber hinaus entfalten die Erfolge solcher Kooperationen eine globale Strahlkraft, die den Wissenschaftsstandort Deutschland auch insgesamt stärkt.

Vielfalt der Modelle von Wissenschaftsregionen

Die Formen der regionalen Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sind sehr vielfältig. In den Wissenschaftsregionen kooperieren nicht nur unterschiedliche Hochschultypen (Universitäten, Fachhochschulen) mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, sondern auch mit Unternehmen und öffentlichen Institutionen (z.B. der Bundesagentur für Arbeit oder den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden). Manchmal steht die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und außeruniversitären Instituten im Vordergrund, manchmal zwischen Hochschulen und der Industrie oder anderen Partnern. In manchen Verbünden dominiert bei der Kooperation die gemeinsame Bearbeitung eines bestimmten Forschungsthemas bzw. die Stärkung eines Wissenschaftsbereichs (z.B. Meeresforschung), in anderen eine gemeinsame Strategie, um die Region über die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure hinaus mit einem bestimmten Ziel zu entwickeln (z.B. regionale Wirtschaftskraft, internationale Sichtbarkeit).

Eine einheitliche Lösung zur Bildung einer optimalen Wissenschaftsregion gibt es nicht: Je nachdem, welche regionalen Ressourcen und Rahmenbedingungen vorhanden sind und welche gemeinsamen Ziele die Akteure vor Ort erreichen möchten, werden unterschiedliche Wege zum Erfolg führen. Die Gestaltung von Wissenschaftsregionen bzw. die Entwicklung von vielschichtigen regionalen Netzwerken ist somit immer auf die spezifische Situation in der Region sowie die beteiligten Akteure und ihre Ziele abzustimmen.

In Wissenschaftsregionen kann die Zusammenarbeit für alle Beteiligten von Nutzen sein, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Welche Faktoren tragen dazu bei, dass die Kooperation verschiedener Akteure gelingt und gesellschaftlich relevante Ergebnisse erzielt werden können?

Wichtige Gelingensfaktoren in Wissenschaftsregionen

  • Konzentration auf zukunftsträchtige Wissenschaftsfelder, die die wissenschaftlichen Potenziale in einer Region für die Bearbeitung gesellschaftlicher Problemstellungen nutzen
  • Hohe Dichte an Forschungseinrichtungen bzw. Wissenschaftsakteuren, um eine kritische Masse zu erreichen und Synergien zu erzeugen
  • Hohe Vielfalt an Akteuren mit je eigenen Stärken, die sich gegenseitig ergänzen und zum gegenseitigen Vorteil zusammenarbeiten können
  • Profilierung der Partner mit unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten bei gleichzeitig intensiver Zusammenarbeit, was eine Ausbalancierung von Konkurrenz/Wettbewerb und Kooperation ermöglicht
  • Wissenschaftliche Exzellenz von Einrichtungen, um international hervorragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu gewinnen, attraktiver Kooperationspartner zu sein sowie staatliche Förderung und Drittmittel zu erhalten
  • Politische und finanzielle Unterstützung des Landes, was geeignete politische Rahmenbedingungen, eine klare politische Entscheidung zur Cluster- oder Verbundbildung sowie zusätzliche Fördermittel für Kooperationen einschließt
  • Gemeinsame Definition der strategischen Ziele, um alle Partner auf das Gelingen der gemeinsamen Aufgabe zu verpflichten und einen Tunnelblick auf die eigene Institution zu vermeiden
  • Langfristigkeit der Strategie und Finanzierung, da die Kooperationspartner erst Arbeitsstrukturen und gegenseitiges Vertrauen aufbauen müssen, und ein (messbarer) Erfolg von Verbünden oder Clustern zudem viele Jahre dauern kann
  • Klare Aufgabenteilung und Wertschätzung aller Beiträge, damit alle Kooperationspartner ihre Rolle erfüllen, ohne die Identifikation mit dem Ganzen zu verlieren
  • Regelmäßiger Austausch und enger Dialog der beteiligten Akteure, in dem Fragen der alltäglichen Umsetzung der Kooperation, aber auch strategische Fragen offen diskutiert werden
  • Entwicklung einer „Kultur der Zusammenarbeit“, die interne Konflikte durch den gemeinsamen Willen zum Erfolg kollegial lösen hilft
  • Räumliche Nähe der Kooperationspartner, Forschungsstellen und Labors, die sowohl regelmäßige Treffen der leitenden Persönlichkeiten, als auch den Austausch und die gemeinsame Arbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erleichtert,
  • Personelle Vernetzung der Einrichtungen, um eine gemeinsame Forschungsstrategie umzusetzen, etwa über gemeinsame Berufungen
  • Enge Vernetzung und persönliche Beziehungen auf Führungsebene, was die Kommunikation nach innen und den Wissenstransfer unterstützt
  • Identifikation der Akteure mit dem Standort bzw. der Region, was auch eine besondere regionale Identität befördert
  • Zusätzliche Finanzmittel, mit denen Kooperationen und gemeinsame Projekte gefördert und die Kommunikation zwischen den Akteuren gestärkt werden können; vorteilhaft sind Zuwendungen von Stiftungen mit regionalem Bezug
  • Kombination aus Bottom-up-Prozess und Top-down-Steuerung, um ein gutes wissenschaftliches Fundament und zugleich eine starke gemeinsame Steuerung sicherzustellen
  • Klare rechtliche Regelungen für die Form der Kooperation in Kooperationsvereinbarungen; mit Rahmenverträgen können beispielsweise auch Fragen des geistigen Eigentums oder der Anspruch auf Patente geregelt werden
  • Exzellenzförderung und Spitzencluster, die häufig Keimzellen für die Entwicklung von Wissenschaftsregionen sind
  • Qualitätssicherung und Evaluation durch systematisches Messen und Bewerten der Effekte der gemeinsamen Arbeit, um diese weiterzuentwickeln und allen Beteiligten kontinuierlich den jeweiligen Benefit zu verdeutlichen
  • Öffentlichkeitsarbeit und Transparenz über die Ergebnisse der Kooperation, um die Erfolge der Zusammenarbeit in der Region, aber auch in der größeren Öffentlichkeit zu verbreiten, etwa durch öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen

Quellen: