Bildungsgerechtigkeit in der Begabtenförderung

Angela Borgwardt: Einführung zu den Themen: Die Hochschule im Reformprozess, Entscheidung für ein Studium, Finanzierung des Studiums, Bewerbung für ein Stipendium, sowie Zusammenfassende politische Empfehlungen. In: Bildungsgerechtigkeit in der Begabtenförderung. Ein Widerspruch in sich? Hrsg. v. Beate Bartoldus/Marei John-Ohnesorg (Schriftenreihe Hochschulpolitik Bd. 1). Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung, Abt. Studienförderung 2010.

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Inhalt

Im Mittelpunkt des Sammelbandes steht die Bildungsgerechtigkeit in der Begabtenförderung. Wie kann insbesondere der Zugang und die Teilhabe an Hochschulbildung für begabte junger Menschen mit Migrationshintergrund und aus hochschulfernen bzw. einkommensschwachen Schichten verbessert werden? Folgende Schwerpunkte werden näher betrachtet:

  • Entscheidung für ein Studium: Was beeinflusst die Entscheidung eines jungen Menschen, ein Studium aufzunehmen? Wie kann diese Entscheidung unterstützt und Unsicherheit – angesichts zu überwindender Probleme bzw. mangelndem Vertrauen in die berufliche Zukunft – überwunden werden?
  • Finanzierung des Studiums: Wie werden Finanzierungsfragen gelöst? Liegen ausreichende Informationen über Finanzierungsmöglichkeiten vor? Wie sozial ausgewogen ist das aktuelle System? Wie kann die Information über Stipendien durch Öffentlichkeitsarbeit verbessert werden? Wie bekannt sind die politischen Stiftungen?
  • Bewerbung für ein Studium: Wie können junge Menschen mit hohem kreativem Potenzial identifiziert werden? Inwieweit stellen die Bewerbung und das Auswahlverfahren für junge Menschen aus einkommensschwachen Familien und mit Migrationshintergrund eine besondere Hürde dar? Welche Formen der Unterstützung sind denkbar? Wie lässt sich die Objektivität der Auswahl erhöhen?
  • Betreuung, Förderung, Vernetzung: Was gehört zu erfolgreicher Betreuung, Förderung und Vernetzung von Stipendiaten und Stipendiatinnen bzw. Studierenden? Wie lassen sich sozial bedingte Barrieren durch geeignete Fördermaßnahmen überwinden?

Wichtige Ergebnisse

Zusammenfassende Empfehlungen

  • Die strukturellen Benachteiligungen im deutschen Bildungssystem müssen abgebaut werden. Das bedeutet, herkunftsbedingte soziale Selektivität zu bekämpfen, die Prinzipien sozialer Durchlässigkeit und Inklusion breit umzusetzen und Investitionen in frühkindliche Bildung zu verstärken.
  • Es bedarf höherer staatlicher Investitionen in Bildung. Der Bund sollte sich deshalb stärker an der Finanzierung der Hochschulen beteiligen können. Dafür muss Art. 91b GG geändert werden.
  • Wichtig wäre, schon frühzeitig über ein Hochschulstudium zu informieren. Bereits in der Schule sollte über den Wert eines Studiums und Möglichkeiten der Studienfinanzierung und -förderung informiert werden. Die Begabtenförderwerke sollten auch aktiv um begabte Schülerinnen und Schüler werben.
  • Lehrkräfte sollten als „Talentsucher“ und persönliche Ermunterer talentierte Schülerinnen und Schüler gezielt ansprechen und motivieren.
  • Sinnvoll wäre auch eine engere Verbindung von Hochschulstudium und Berufsausbildung. Duale Hochschulen und Berufsakademien sollten gestärkt werden.
  • Für ein Hochschulstudium muss eine ausreichende Finanzierung vom ersten Tag an sichergestellt sein. Stipendien und BAföG sollten entsprechend ausgerichtet werden.
  • Wenn Absolventinnen und Absolventen künftig an den Kosten eines Studiums beteiligt werden sollten, muss eine sozial verträgliche Ausgestaltung erreicht werden.
  • Eine wichtige Maßnahme wäre die Vermittlung von Bewerbungs-Know-how und Empowerment. Dabei sollte auf spezifische Unterstützungsangebote für Jugendliche mit Migrationshintergrund und aus hochschulfernen Familien geachtet werden.
  • Die Auswahlkriterien für Stipendien der Begabtenförderwerke sollten modifiziert werden. Dazu gehört, ein „zielgruppenorientiertes Auswahlverfahren“ umzusetzen und das Kriterium des „gesellschaftspolitischen Engagements“ – bei weiterhin hohem Stellenwert – zu erweitern.
  • Die Förderschwerpunkte von Stiftungen und die Fördermöglichkeiten der Begabtenförderwerke sollten transparenter und leichter zugänglich gemacht werden, etwa durch die Veröffentlichung von Übersichten und Handreichungen.
  • Bei der Umsetzung der Hochschulreformen im Zuge des Bologna-Prozesses ist es wichtig, die Qualität von Studium und Lehre erheblich zu verbessern und die demokratische Mitbestimmung der Studierenden zu sichern.
  • Hochschulen müssen als Orte umfassender Bildung und gesellschaftlicher Debatten wirken. Über die Vermittlung von Fachwissen hinaus gilt es, ein ganzheitliches Bildungskonzept umzusetzen und zentrale gesellschaftliche und politische Fragen zu bearbeiten.

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